Spätestens mit Einführung der EnEV 2014 haben es neue Nichtwohngebäude (NWG) in und um Stuttgart herum schwer. Manche Gebiete wurden neu klassifiziert: statt „sommerkühl“ sind sie jetzt „sommerheiß“. Und die Anforderungen an NWG wurden deutlich verschärft. Die Alternative zu aufwendigen Umplanungen oder teuren technischen Lösungen heißt: thermische Gebäudesimulation.
Was bedeutet die im Jahr 2013 geänderte DIN 4108-2 für den Planer?
Mit der Novellierung der Norm zum Wärmeschutz wird es in den sommerheißen Regionen – vor allem für Nicht-Wohngebäude – schwierig, den Nachweis für ausreichenden sommerlichen Wärmeschutz mit Hilfe des vereinfachten Tabellenverfahrens zu erbringen. Hier bietet die neue Norm explizit die Möglichkeit, den Nachweis mittels thermischer Gebäudesimulation zu führen. Was zunächst als Nachteil erscheint – der schnelle, selbstgemachte Nachweis gelingt unter Umständen nicht – kann sich als Chance erweisen. Denn die Simulation liefert eben nicht nur ein digitales Ergebnis – Nachweis erfüllt oder nicht erfüllt – sondern erlaubt recht genaue Prognosen der sich im Sommer einstellenden Innentemperaturen. Dies verhindert den Trugschluss, der erfolgreiche Nachweis garantiere ein angenehmes Innenklima im Sommer: er bedeutet lediglich, dass unangenehme Hitze nicht länger als 10% der jährlichen Aufenthaltsdauer herrscht – mehr nicht.
Warum ist die Region Stuttgart von der Änderung besonders betroffen?
Im Zuge der Überarbeitung der DIN 4108-2 wurde auch die Landkarte mit den Sommerklimaregionen neu gezeichnet. Besonders ‚negativ‘ ist die Gegend zwischen Stuttgart und Reutlingen von der Neuordnung betroffen, da sie nicht mehr in A (sommerkühl) und B (gemäßigt) sondern komplett in C (sommerheiß) eingestuft wurde. Die blinde Anwendung dieser Norm-Karte wäre jedoch für Architekt und Bauherr fatal, da sie keine Rücksicht auf die kleinräumigen klimatischen Verhältnisse nimmt. Besonders in der Region Stuttgart können die Unterschiede auf wenigen Kilometern enorm sein. Beispielsweise würde kein Einheimischer auf die Idee kommen, das Neckartal zwischen Wendlingen und Esslingen als sommerkühle Region zu bezeichnen. Oder die Weinbauregion Remstal zwischen Waiblingen und Schorndorf auf eine Stufe mit ‚schwäbisch-Sibirien‘ Ulm zu stellen. So manche Planung, die auf dem Papier (der DIN) funktioniert, wird in der Praxis Probleme machen!
Eine weitere Herausforderung ist das Mikroklima im Maßstab < 2 km. Abhängig von Topografie, Siedlungsstrukturen und Bodenfeuchte bilden sich nachts Wärmeinseln oder Kaltluftbereiche. Diese entscheiden darüber, wie effektiv das Prinzip der erhöhten Nachtlüftung am jeweiligen Standort wirken kann.
Nicht zu vergessen: die Planung von heute sollte in 20 Jahren auch noch befriedigende Ergebnisse liefern, wobei weniger der auch stattfindende nominale Anstieg der Durchschnittstemperaturen als vielmehr die Dauer und Intensität von Hitzeperioden problematisch sein werden.
Wer auf technisch erzeugte Kälte verzichten will, muss die „Energie“ in die Planung stecken
Bei gegebenem Sommerklima hat der Planer viele Stellschrauben um ein der Nutzung förderliches Innenklima bei minimalem Energieeinsatz zu schaffen:
Quantifizieren lässt sich die Wirkung jeder dieser Stellschrauben nur über thermische Simulation.
Das Ziel ist ein gestalterisch, funktional und energetisch optimiertes Gesamtkonzept des Gebäudes, das bei Nutzer und Investor für Zufriedenheit sorgt.
Was kostet eine thermische Gebäudesimulation?
Es gibt Gebäudesimulationen, die speziell nur die Frage des sommerlichen Wärmeschutzes beantworten. Dazu wird, wie es die Norm verlangt, nur ein Raum im ganzen Gebäude simuliert - und zwar derjenige, von dem man annimmt, dass er die ungünstigste Wärmebilanz aufweist. Bei großen Gebäuden ist es gar nicht so trivial, den zu berechnenden kritischen Raum zu bestimmen. Da müssen mitunter mehrere Räume erfasst und simuliert werden um den richtigen zu finden. Da liegt die Überlegung nahe, ob es nicht lohnenswert wäre, ganze Gebäudeteile zu simulieren und die gewonnenen Daten für die energieoptimierte Planung der Gebäudetechnik (Heizung-Klima-Lüftung) zu nutzen. Wenn dadurch kostspielige technische Lösungen vermieden werden können, lohnt sich der Aufwand allemal.